Mila Haegele |  Berlin | 25.11.2024

Ein Mega-Resort, ein Star-Architekt, ein Versprechen: Was ist dran am Bilbao-Effekt für Malente?

Wenn Architekt Hadi Teherani das geplante Lakeside Resort „The Spiral“ in Malente mit dem berühmten Guggenheim-Museum in Bilbao vergleicht, schwingt ein großes Versprechen mit: Die Transformation von einer beschaulichen Kleinstadt zu einem strahlenden Zentrum für Kultur, Wirtschaft und Tourismus. Doch trifft diese Analogie auch für das Teherani-Projekt zu?


Was ist der Bilbao-Effekt?

Der Begriff „Bilbao-Effekt“ bezieht sich auf die erstaunliche Entwicklung der nordspanischen Stadt Bilbao, die sich seit 1997 dank des ikonischen Guggenheim-Museums des Architekten Frank Gehry grundlegend wandelte. Wo einst ein Industriestandort lag, thront heute eine Hochburg für Kunst und Kultur. Der wirtschaftliche und touristische Aufschwung Bilbaos wurde zur Blaupause für viele Stadtentwicklungsprojekte weltweit.

Die Idee scheint bestechend einfach: Das monumentale Bauwerk eines Stararchitekten zieht Besucher*innen an, poliert das Image auf und kurbelt die Wirtschaft an. Wenn es doch nur so einfach wäre.


Mehr als nur eine schöne Fassade

Forscher*innen der Technischen Universität München (TUM) untersuchten 2017 die Auswirkungen von renommierten Bauprojekten wie dem Kunsthaus Graz, dem Luzerner Kultur- und Kongresszentrum (KKL) und dem Wissenschaftszentrum phæno in Wolfsburg. Ihr Fazit: Zwar konnten diese Projekte positive Effekte auf die touristische und kulturelle Attraktivität erzielen, doch der „Bilbao-Effekt“ blieb aus.

Besonders interessant: Ein kausaler Zusammenhang zwischen großen Bauwerken und nachhaltigen sozioökonomischen Veränderungen – wie Arbeitsmarktentwicklung oder anhaltender touristischer Boom – konnte nicht festgestellt werden. 


Kein Effekt ohne Konzept

Ein echter Bilbao-Effekt entsteht nicht allein durch den Bau eines ikonischen Gebäudes. Er erfordert eine tiefgreifende, nachhaltige Stadtentwicklung, die alle Dimensionen – von der Infrastruktur bis zur Einbindung der lokalen Bevölkerung – berücksichtigt. Das geplante Mega-Resort in Malente scheint gerade diesem Aspekt nicht gerecht zu werden.

Zudem zielt „The Spiral" nicht auf Kunst oder Kultur ab, sondern ist ein rein privatwirtschaftliches Vorhaben mit Fokus auf Luxus-Tourismus. Es stellt sich die Frage: Kann ein Hotelprojekt für diese spitze Zielgruppe, das in erster Linie der Gewinnmaximierung dient, dieselben weitreichenden Auswirkungen wie eine kulturelle Institution haben?

Ein weiterer Punkt ist die Größenordnung des Projekts. Während Bilbao mit einer weitreichenden Stadtentwicklung inklusive neuer Infrastruktur und umfassender Investitionen ein Gesamtpaket schnürte, fokussiert sich das Malente-Projekt fast ausschließlich auf das städtebaulich isolierte LVA-Gelände. Ohne ein integriertes Konzept könnte das Vorhaben zu einem bloßen Prestigeobjekt werden – ohne den langfristigen Nutzen, den die Region so dringend benötigt.


Wo sind die nachhaltigen Visionen?

Wenn Malente wirklich aufblühen soll, braucht es weniger Größenwahn und mehr nachhaltige Visionen, die der Region eine langfristige Perspektive bieten. Dabei sind es oft kleinere Projekte, die wirkliche Veränderungen bewirken, etwa die behutsame Umnutzung von Altbauten, wie beispielsweise im Ruhrgebiet mit der Zeche Zollverein.




Was denken Sie?

Falls auch für Sie noch wichtige Fragen offen sind, Sie sich von den Planungen in besonderer Weise betroffen fühlen oder einfach mal Ihre persönliche Sicht teilen wollen: Schreiben Sie uns.